FDP RemscheidFDP Remscheid

Rede des Fraktionsvorsitzenden zum Haushalt 2005

Luettinger 2014Es gilt das gesprochene Wort.

Anrede,
der Haushalt der Stadt Remscheid bewegt sich immer schneller auf einer Einbahnstraße ins Nirvana. Der Fehlbedarf im städtischen Haushalt erhöht sich auch 2005 um über 55 Millionen Euro. Ohne strukturelle Verbesserungen liegen wir laut Prognose im Jahre 2018 bei unvorstellbaren 728 Millionen Euro ange-häuftem Defizit. Die Abdeckung dieser Fehlbeträge soll irgendwann ab dem Jahr 2030 erfolgen. Das Jahr des Ausgleichs wird von Haushalt zu Haushalt in Dekadenschritten nach hinten geschoben.

Wenn behauptet wird, die Stadt stehe haushaltspolitisch vor dem Abgrund, so stimmt dies nicht mehr. Remscheid ist schon einen Schritt weiter.

Selbst diejenigen, die stereotyp wiederholten, Remscheid habe ein Einnahmeproblem, finden zurück zur Realität. Remscheid hat ein Ausgabenproblem – wir leben über unsere Verhältnisse!

Wir dürfen nicht weiter kritiklos an Ansprüchen und Gewohnheiten festhalten. Damit setzen wir nicht nur unsere Reste an politischen Gestaltungsmöglichkeiten aufs Spiel, sondern vor allem auch diejenigen der jungen und der kommenden Generationen.

Es reicht nicht, die Gießkanne gegen den Rasenmäher einzutauschen. Pauschale Kürzungen als traditionelle Maßnahmen helfen nicht ausreichend. Für eine erfolgreiche Sanierung des Haushalts benötigen wir strukturelle Maßnahmen.

So muss endlich der Aufgabenbestand durchleuchtet werden:
– Muss eine Aufgabe wahrgenommen werden?
– Wird diese Aufgabe sinnvoll und wirtschaftlich wahrgenommen?
– Und: Durch wen sollte diese Aufgabe wahrgenommen werden?

Im Sinne einer überfälligen Aufgabenkritik wollen wir die städtische Verantwortung auf ihre Kernaufgaben zurückführen. Wir wollen, dass die Stadt diejenigen Aufgaben erledigt, zu denen sie als Institution verpflichtet ist. Und hierbei selbstverständlich auch nur die Aufgaben selber erledigt, die sie wirklich besser kann als Private, Verbände oder die Bürger selbst. Bei den verbleibenden Aufgaben muss die Kooperation im bergischen Städtedreieck zu weiteren Einsparungen führen.

Eine Aufgabenkritik ist der Weg, um politische Handlungsfähigkeit zurückzugewinnen. Nur durch Aufgabenabbau lässt sich der Verwaltungshaushalt in Zukunft merkbar zurückführen. In unserem gemeinsamen Antrag sind die Bereiche mit offensichtlichem Privatisierungspotenzial genannt. Gebäudemanagement, Vermessungswesen, Materialwirtschaft und Grünflächenunterhaltung sind Beispiele.

Das sind keine neuen Vorschläge. Doch neu daran ist, dass sich nun eine Mehrheit gefunden hat, um einige Dinge ernsthaft anzugehen. Mit diesem Haushaltsbegleitbeschluss wird endlich das Tempo erhöht.

Anrede,
zu einer Aufgabenkritik gehört auch die Überprüfung der Standards von gesetzlichen Aufgaben. Die Stadt zeichnet sich momentan für viele Leistungen und viele Angebote verantwortlich, darunter ist eine Reihe von Leistungen, die zwar im Gesetz stehen, deren Maß der Erfüllung jedoch vom Gesetzgeber weitgehend offen gelassen ist. Wir wollen, dass die Verwaltung in einem ersten Schritt darstellt, aufgrund welcher Überlegungen die gegenwärtigen Standards entstanden sind.

Ein systematischer Vergleich der Leistungsmaßstäbe und der Kosten mit den Werten anderer Kommunen, also ein Benchmarking, kann in einem zweiten Schritt weitere wichtige Anregungen geben. Nur dann können wir politisch entscheiden, ob wir bestimmte Aufgaben in dem derzeitigen Umfang erfüllen wollen oder nicht. Klar ist, dass es dabei in der Summe auch immer um Standardreduzierung geht.

Aufgaben, die doppelt und mehrfach erledigt werden, müssen aufgedeckt und hinterfragt werden. Die Unterstützung von gleich drei Schwangerschaftsberatungen ist ein bekanntes Beispiel. Aktuell werden wir hinterfragen müssen, ob durch die Einführung der Offenen Ganztags-Grundschule, der OGGS, die vorhandenen Betreuungsangebote und Hausaufgabenhilfen an anderen Stellen weiterhin notwendig sind.

Politik und Verwaltung sind hier in der Pflicht, Ideen für die zukünftige Planung einzubringen. Am Ende muss die Politik ihre Verantwortung wahrnehmen und den Mut haben zu entscheiden. Wir müssen Prioritäten setzen und uns für die Dinge entscheiden, die uns am wertvollsten sind. Dann wird sich zeigen, ob der Wille zu einer ernsthaften Sparpolitik tatsächlich vorhanden ist.

Neue Aufgaben, die nicht gesetzlich verpflichtend sind, werden wir ablehnen. Das betrifft die Einrichtung einer Stelle für Seniorenberatung ebenso wie ein weiter-gehende Bezuschussung der OGGS über die diesjährige Anschubfinanzierung hinaus.

Bereits bei Einführung der OGGS waren wir der Auffassung, dass durch eine ausgewogene, effiziente Entgeltordnung die Arbeit der OGGS gesichert werden muss. Stattdessen müssen wir es jetzt erleben, dass die OGGS zusätzliche Mittel in Höhe von 100.000 Euro benötigt, damit der Betrieb im kommenden Jahr gesichert ist. Dies ist aus unserer Sicht nur eine provisorische Lösung. Für das nächste Jahr brauchen wir eine überarbeitete Beitragserhebung, um die Finanzierung der OGGS in Zukunft zu sichern. Die Möglichkeit der völligen Beitragsfreiheit wird eine neu gestaffelte Entgeltordnung wohl nicht mehr enthalten können.

Die OGGS ist richtig und notwendig, doch sie darf sich nicht zu einem Beispiel dafür entwickeln, wie das Land für bestimmte Maßnahmen anködert und die Finanzierung am Schluss doch an der Gemeinde hängen bleibt.

Für alle Maßnahmen gilt: Auch wenn Kompensationen im Haushalt geboten werden, können wir neuen Aufgaben nicht zustimmen. Wenn wir Einsparungen vornehmen können und an anderer Stelle neue Ausgaben in gleicher Höhe beschließen, so ist für die Sanierung des Haushalts immer noch nichts gewonnen. Insbesondere der Wegfall von Stellen darf nicht ständig als Kompensation für neue Stellen dienen, sondern muss als echte Einsparung der Haushaltskonsolidierung zu Gute kommen.

Anrede,
der Regierungspräsident hat in seiner Verfügung zum städtischen Haushalt 2004 Anfang Januar festgestellt, dass das Haushaltssicherungskonzept der Stadt Remscheid sogar deutliche Verschlechterungen gegenüber den Vorjahren beinhaltet. Insbesondere die Konsolidierung der Personalausgaben, also die Reduzierung des vorhandenen Personals, mahnt der Regierungspräsident an.

Auf Grundlage einer Aufgabenkritik muss endlich ein langfristiger Personalentwicklungsplan aufgestellt werden. Wir brauchen einen kontinuierlichen Prozess, der Leistungspotenzial der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erkennt und fördert.

Neben dem qualitativen Personalbedarf geht es jedoch eben auch um den quantitativen Personalbestand. Personalabbau als Ergebnis einer umfassenden Aufgabenkritik und schließlich der Privatisierung und Fremdvergabe von Leistungen müssen sich sich in einem solchem Plan auch finden. Rahmendaten hierfür haben wir in unserem gemeinsamen Antrag genannt. Wir fordern, dass die Personalkosten bis zum Ende der laufenden Wahlperiode um 10% zurückgefahren werden. Diese Zahl soll ohne Rechentricks erreicht werden, weshalb der Personalabbau durch Privatisierungen und Auslagerungen nicht miteingerechnet werden wird.

Auch Einsparungen aus der Umsetzung von Hartz IV gehören nicht dort hinein. Als FDP-Fraktion sprechen wir uns dagegen aus, diese Mittel als Steinbruch für andere, wünschenswerte Ausgaben zu benutzen. Durch die Haushaltsreden der vergangenen Jahre zog sich wie ein roter Faden die Kritik an der Gemeindefinanzierung. Wenn nun der Bund durch die Hartz-IV-Gesetze mehr Geld bei den Kommunen belässt, dann sollten wir diese Chance auch wahrnehmen. Wenn wir es noch nicht einmal schaffen, die Einsparungen zu nutzen, die sich aus einer veränderten Bundes- und Landesgesetzgebung ergeben, dann werden wir die Haushaltskonsolidierung nicht schaffen.

Anrede,
die Gespräche über mögliche interkommunale Kooperationen haben erste Ergebnisse gezeigt. Der Rat hat nunmehr einen Grundsatzbeschluss für eine Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Weiterbildung auf den Weg gebracht.

Bis zu einem Durchführungsbeschluss wird allerdings genau überprüft werden müssen, ob diese Kooperation für Remscheid attraktiv ist. Interkommunale Kooperation ist kein Selbstzweck. Sie muss sich für Remscheid lohnen.

Deshalb ist es richtig, wenn die Verwaltung beauftragt wird, auch die beiden Alternativen – den Status Quo und die Kooperation mit der Musik- und Kunstschule – gleichberechtigt und ergebnisoffen zu untersuchen. Im Herbst muss sich der Rat dann auf Grundlage der Daten für eine Möglichkeit entscheiden.

Weitere Gebiete bieten sich für eine Zusammenarbeit mit Solingen und Wuppertal an: Personalmanagement, Rechts- und Versicherungswesen, Materialeinkauf. Die Gespräche über eine Beteiligung Remscheids an einer gemeinsamen Feuerwehr-Leitstelle müssen wieder aufgenommen werden.

Im Vermögenshaushalt sind wir zu einer hohen Neuverschuldung gezwungen. Doch die Chancen, die mit der Regionale 2006 verbunden sind, müssen wir für die Entwickung Remscheids nutzen. Über anderen Investitionen dürfen wir nicht vergessen, die bauliche Substanz der Stadt zu erhalten. Daher ist es richtig, die Mittel für die Straßenunterhaltung zu erhöhen. Ansonsten wird sich dieser Werteverzehr in Zukunft bitter rächen.

Anrede,
mit Schuldzuweisungen an Dritte, wie es in der Vergangenheit üblich war, kommen wir nicht weiter. Alle staatlichen Ebenen – und damit auch unsere Stadt – werden ihre Handlungsfähigkeit nur durch eine strikte Haushaltskonsolidierung zurückgewinnen. Wir müssen in Remscheid unsere Hausaufgaben erledigen, damit wir für die Zukunft nicht alle politischen Gestaltungsmöglichkeiten verwirken.

Die Ergebnisse der Kommunalwahlen des vergangenen Jahres haben eindeutige Mehrheitsverhältnisse wie in der vergangen Wahlperiode nicht mehr zugelassen. Wir müssen neue Wege der Kooperation finden. Der gemeinsame Haushaltsbeschluss aller Fraktionen zeigt, dass wir sachorientiert zusammenarbeiten können.

Die FDP-Fraktion wird dem Verwaltungs- und Vermögenshaushalt zustimmen. Das Haushaltsjahr ist bereits zur Hälfte vergangen. Es muss unser Ziel sein, am Ende dieses Jahres den Haushalt 2006 aufzustellen. Mit den Beschlüssen vom heutigen Tage ist ein Anfang getan worden, um auf langfristige Reformen hinzuwirken und die Leistungsfähigkeit der Stadt wieder zu erhöhen.

0 Kommentare

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.