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Haushaltssanierungsplan in der Sitzung des Rates am 28. Juni 2012

Stellungnahme des Vorsitzenden der FDP-Fraktion

Es gilt das gesprochene Wort.

Anrede,

in zehn Jahren werden wir auf den heutigen Tag möglicherweise als einen historischen Tag zurückblicken. Mit den Stimmen der Gestaltungsmehrheit wird der Rat heute den Sanierungsplan beschließen und damit das zweite große Konsolidierungspaket dieser Wahlperiode nach dem Haushaltssicherungskonzept 2010 auf den Weg bringen. Ab dem Jahr 2015 können wir bereits Überschüsse einsetzen, um Altschulden zurückzuzahlen. Ab dem Jahr 2016 erreichen wir mit Hilfe der Landeszuweisungen einen ausgeglichenen Ergebnisplan. Und ab dem Jahr 2021 werden wir aus eigener Kraft einen ausgeglichenen Haushalt schaffen. In den nächsten Jahren endet damit nach über zwanzig Jahren eine Durststrecke, die seit dem Jahr 1993 anhält. In jenem Jahr gelang es der Stadt Remscheid zuletzt, einen ausgeglichenen Hauhalt vorzulegen.

Im vergangenen Jahr hatten sich die Landtagsfraktionen von SPD, Grünen und FDP auf den „Stärkungspakt Stadtfinanzen“ verständigt. Nach den jahrelangen Bemühungen um die Konsolidierung des städtischen Haushalts erhalten wir nunmehr auch die Unterstützung des Landes und damit eine realistische Chance, unsere Haushaltsziele zu erreichen. Anders als in der Vergangenheit hat die Haushaltskonsolidierung in Remscheid nunmehr eine konkrete Perspektive. Der neu gewählte Landtag wird nun möglichst kurzfristig Klarheit über die Höhe der Landes-zuwendungen schaffen müssen, indem die Neuberechnung für die teilnehmenden Kommunen durchgeführt und eine entsprechende Gesetzesänderung beschlossen wird.

Mit Genehmigung des Haushaltssanierungsplans werden wir in die Lage versetzt, wieder eigenständig zu wirtschaften. Wir dürfen wieder Investitionskredite aufnehmen anstatt Kassenkredite für das laufende Verwaltungsgeschäft aufhäufen zu müssen. Wir wollen eine attraktive Stadt mit hervorragenden Bildungsangeboten und einer hohen Standortqualität für Wirtschaft, Arbeit, Freizeit, Kultur und Wohnen. In den nächsten Jahren dürfen wir endlich wieder verstärkt in die Zukunft von Remscheid investieren. Der Sanierungsplan wird die Handlungsspielräume für die Kommunalpolitik, die schon verloren geglaubt waren, wieder eröffnen.

Diese Erfolge erhalten wir selbstverständlich nicht zum Nulltarif. Der Sanierungsplan, den wir heute beschließen, beinhaltet Belastungen für alle Einwohnerinnen und Einwohner in Remscheid. Gleichwohl schaffen wir es, ein faires und ausgewogenes Paket zu verabschieden. Die Konsolidierungspakete von 2010 und 2012 setzen sich insgesamt zu etwa einem Drittel aus Personalabbau, zu etwa einem Drittel aus Steuererhöhungen und zu etwa einem Drittel aus sonstigen Maßnahmen zusammen.

Im Jahr 2010 hatten wir beschlossen, mindestens 70% der 371 Stellen, die durch Altersfluktuation frei werden, nicht wieder zu besetzen. Der Entwurf des Sanierungsplans ist durch die Gestaltungsmehrheit um den Abbau von weiteren 60 Stellen im Zuge der außerordentlichen Fluktuation ergänzt worden. Bereits in der vergangenen Wahlperiode wurde außerdem bereits der Wegfall von 60 Stellen beschlossen. Insgesamt rund 400 Stellen fielen und fallen auf diese Weise bei der Stadtverwaltung weg.

Die CDU-Fraktion ist jetzt der Auffassung, wir übertreiben es mit dem Personal-abbau. Die WiR-Fraktion will im Gegenteil noch eine Schüppe drauflegen. Auch dies ist vielleicht ein Indiz dafür, dass wir als Gestaltungsmehrheit das Mögliche und das Notwendige durchsetzen, ohne einerseits zu kurz zu greifen und ohne andererseits Wolkenschlösser zu produzieren. Unser Stellenabbau ist eine realistische Größe, die ohne Zweifel die Leistungsfähigkeit der Verwaltung in Teilen beeinträchtigen, aber eben nicht aufgeben wird. Die strukturellen und organisatorischen Maßnahmen, die diesen einmaligen Personalabbau möglich machen, haben wir als FDP-Fraktion bereits seit Jahren gefordert.

Zu dem Sanierungsplan gehört auch die Einsicht, dass es ohne Steuererhöhungen nicht gehen wird. Es ist leicht, sich zu verweigern. Ein solches Verhalten würde jedoch umso schwerer auf uns zurückfallen. Die Alternative wäre, dass die Regierungspräsidentin oder ein Sparkommissar über unsere Steuersätze bestimmt, und dann würden unsere Gemeindesteuern wohl viel stärker angehoben. In Hagen beispielsweise forderte der Mentor der Bezirksregierung – das ist eine Vorstufe des Sparkommissars – den Hebesatz der Grundsteuer B auf über 1.000 Prozentpunkte zu erhöhen und damit mehr als zu verdoppeln. Wir sind von solchen Exzessen weit entfernt und erhöhen den Hebesatz für die Gewerbesteuer sogar erst das zweite Mal seit 15 Jahren.

Anrede,

in den vergangenen Monaten haben wir uns als FDP-Fraktion und als Gestaltungsmehrheit kritisch mit dem Verwaltungsentwurf auseinandergesetzt. Wir verabschiedeten uns von Maßnahmen wie etwa der Einführung der Pferdesteuer sowie der Erhöhung der Entgelte für die Kindertageseinrichtungen und für die OGGS. Die Verbraucherzentrale wollen wir für Remscheid erhalten, und wir haben in unserem Zusatzantrag formuliert, unter welchen Voraussetzungen wir dies erreichen können.

Wir wollen alle Chancen nutzen, die Bergischen Symphoniker als Orchester für Remscheid und Solingen zu erhalten. Der größte Rückschlag hierfür bestand sicherlich schon in der Absage der Stadt Wuppertal gegenüber einem gemeinsamen bergischen Orchester, als der Wuppertaler Oberbürgermeister öffentlich das einseitige Ende der Projektidee mitteilte. Im weiteren Verlauf war es fast zwangsläufig, dass die Zukunft unseres Orchesters im Zusammenhang mit dem Haushaltssanierungsplan diskutiert wird.

Ein Sanierungsplan gänzlich ohne Einsparungen beim Orchester geht nicht auf. Ohne die Konsolidierungssumme, die wir uns derzeit vom Orchester erhoffen, wäre der Haushaltssanierungsplan nicht genehmigungsfähig. In unserem Ergänzungsantrag zeigen wir allerdings einen Weg auf, der am Ende die Zukunft der Bergischen Symphoniker und einen erfolgreichen Haushaltssanierungsplan in Einklang bringen könnte. Hierfür muss sich die Stadt Solingen bewegen. Wenn die Stadt Solingen nicht bereit ist, ernsthafte und ergebnisorientierte Gespräche zu führen, dann gibt es keine Chance für die Symphoniker. Am Ende müssen konkrete Summen und ein neuer Gesellschaftsvertrag stehen. Ein „Weiter so“ kann es nicht geben, selbst wenn beide Städte die sprudelnden Geldquellen auftäten. Ein „Weiter so“ darf es zudem nicht geben, weil es nicht vorstellbar ist, dass die Kommunalaufsicht die nicht genehmigte, unbeschränkte Nachschusspflicht für die beiden Städte weiterhin akzeptiert. Die Städte werden einen neuen Gesellschaftsvertrag verhandeln müssen, und diese Situation sollten wir nutzen, um eine Konstruktion zu schaffen, die das Fortbestehen des Orchesters langfristig garantiert.

Es wird in den nächsten Jahren auch die Aufgabe des Rates sein, die Umsetzung des Haushaltsanierungsplans zu kontrollieren. So haben wir für die Reduzierung der Transferaufwendungen im Sozialetat, die zweifellos eine der gewichtigsten Maßnahmen darstellt, ein gesondertes Controlling vorgesehen, damit möglichst kurzfristig und wirkungsvoll regiert werden kann, wenn die Ziele nicht erreicht werden. Die Sanierung des städtischen Haushalts ist mit dem heutigen Ratsbeschluss nicht abgeschlossen, sondern sie wird erst richtig beginnen, wenn die Beschlüsse in der nächsten Zeit umgesetzt werden. Wir als FDP-Fraktion und die Gestaltungsmehrheit werden die Herausforderung annehmen und zu einer erfolgreichen Umsetzung beitragen.

Anrede,

dass dieser Sanierungsplan nicht alle Stimmen der Oppositionsfraktionen erhält, überrascht nicht. Es ist allerdings erschreckend, mit welcher Leichtigkeit die CDU-Fraktion als immer noch größte Fraktion auf millionenschwere Maßnahmen verzichten möchte, ohne auch nur im Ansatz eine realistische Kompensation vorzuschlagen.

Folgte der Rat der Verweigerungshaltung der CDU-Fraktion, so würde der Sanierungsplan bereits mit dem heutigen Tag scheitern, weil die Konsolidierungsziele in keiner Weise erreicht werden könnten. Unsere Reise wäre bereits jetzt – zehn Jahre zu früh – zu Ende. Das ist der Unterschied zwischen der Gestaltungsmehrheit und der CDU-Fraktion: Die Christdemokraten sähen Remscheid offensichtlich gerne unter der Kuratel des Sparkommissars. Wir als Gestaltungsmehrheit übernehmen Verantwortung für Remscheid und scheuen uns nicht, einen schmerzvollen Prozess auf uns zu nehmen, um jedoch schließlich wieder eine echte kommunale Selbstverwaltung in Remscheid zu erreichen. Wir werden daher dem Haushaltssanierungsplan mit den beschlossenen Änderungen zustimmen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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