Manuskript der Haushaltsrede des Vorsitzenden der Ratsfraktion für die Sitzung des Rates am 25. Februar 2021
Anrede,
auch im Jahr 2021 schaffen wir es, wieder einen ausgeglichenen Haushaltsplan vorzulegen, nachdem die Stadt Remscheid zuvor ein Vierteljahrhundert lang bis ins Jahr 2015 mit roten Zahlen abschloss. Das ist insofern besonders bemerkenswert, als das Jahr 2021 das erste Jahr ohne Zuwendungen aus dem Stärkungspakt ist.
Wir dürfen allerdings nicht die Augen davor verschließen, dass sich die Stadt Remscheid in einer schwierigen Haushaltslage befindet. Wir müssen unsere Haushaltsdisziplin aufrechterhalten, wenn wir Spielräume für die künftige Entwicklung unserer Stadt erhalten wollen.
Seit der Corona-Krise steigen wieder die Liquiditätskredite. Fast 40 Millionen Euro schlagen als zusätzliche Belastung der städtischen Finanzen zu Buche. Dies können wir nur verkraften, weil das Land uns erlaubt, diese Corona-Kosten über einen längeren Zeitraum abzuschreiben.
Trotz der Hilfen aus dem Stärkungspakt Stadtfinanzen, den SPD, FDP und GRÜNE in Nordrhein-Westfalen ins Leben riefen, und trotz der höheren Kostenerstattung des Bundes für die Leistungen für Unterkunft und Heizung in der Grundsicherung kann es keine nachhaltige Haushaltssanierung ohne Lösung für die Altschulden geben. Alleine aufgrund der günstigen Zinslage wird die Stadt im laufenden Jahr voraussichtlich nur 6,5 Mio. Euro Zinsbelastungen tragen müssen, während dies im vergangenen Jahr noch 8,6 Millionen Euro gewesen sind. Jeder mag sich ausrechnen, was es für die Stadt Remscheid mit einem Schuldenstand in Höhe von derzeit 580 Millionen Euro bedeuten wird, wenn die Zinssätze auch nur hinter dem Komma wieder nach oben gehen sollten. Wir unterstützen daher weiterhin das Engagement der Stadt Remscheid im Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ und appellieren an Bund und Land, die Erfolge bei der Sanierung der kommunalen Haushalte der vergangenen Jahre nicht wieder zunichte zu machen.
Anrede,
in den vergangenen Jahren haben wir grundsätzlich nicht mehr Investitionskredite aufgenommen, als wir getilgt haben. Diese Linie wird in den nächsten Jahren nicht aufrechtzuerhalten sein. Damit wird die Stadt Remscheid allerdings keine großen Probleme haben, erst recht vor dem Hintergrund der aktuellen Zinslage. Denn im Gegensatz zu den Liquiditätskrediten, die wir für den täglichen Betrieb einsetzen und mit denen wir unser Girokonto überziehen, setzen wir Investitionskredite für unser Vermögen ein und schaffen Werte.
In den nächsten Jahren werden wir im Schulbereich die Erweiterungsmaßnahmen für den G9-Unterricht umsetzen müssen. Wir wollen weitere Kapazitäten in der Ganztagsbetreuung schaffen und müssen hierfür ebenfalls Umbaumaßnahmen durchführen. Das Freibad Eschbachtal soll eine langfristige Perspektive als modernes, barrierefreies und zukunftsfähiges Bad erhalten. Nicht zuletzt werden wir weiter in die Verkehrswege investieren, beispielsweise in den Kreisverkehr Eisernstein, die Königstraße, die Freiheitstraße, den Durchstich Intzestraße und in die Radwege.
Der Sanierungsstau als Ergebnis des Sparkurses der vergangenen 30 Jahre zeigt sich in vielen notwendigen Maßnahmen an Gebäuden, Straßen und anderer Infrastruktur. Es war widersinnig, dass wir in den Jahren der Haushaltssicherungskonzepte dazu gezwungen waren, von der Substanz zu leben und unser Vermögen zu vernachlässigen. Allein in den zwölf Jahren seit der Eröffnungsbilanz ist der Wert der städtischen Sachanlagen um über 200 Millionen Euro geschrumpft. Wir stehen jetzt vor einem riesigen Investitionsbedarf, den wir mit den bisherigen Mitteln nicht bewältigen können.
Hinzu kommen rentierliche Maßnahmen, die wir direkt über Einsparungen gegenfinanzieren können: der Neubau des Berufskollegs Wirtschaft und Verwaltung, die Erweiterung des Rathauses, der Neubau der Sporthalle an der Albert-Einstein-Schule sowie die Entwicklung von Gewerbeflächen. Diese Zugeständnisse der Kommunalaufsicht haben wir uns in den vergangenen Jahren durch eine seriöse und erfolgreiche Haushaltspolitik erarbeitet.
Mit dem vorliegenden Investitionsprogramm bleiben wir weiterhin der Lage, Flächen für die Entwicklung von Wohnen und von Gewerbe anzukaufen. Die Stadt Remscheid hat unverändert ein großes Defizit an neuen Gewerbeflächen. Dabei geht es vor allem um Remscheider Betriebe, die am Standort Remscheid bleiben und sich hier weiterentwickeln wollen. Die Reaktivierung von Brachen läuft immer erfolgreicher, aber sie reicht nicht aus. Wir stehen daher zum Gewerbegebiet im Gleisdreieck Bergisch Born und auf den Flächen der sogenannten Erdbeerfelder. Wir müssen diese Gewerbeflächen entwickeln, um den Unternehmen und damit den Arbeitsplätzen in Remscheid eine Perspektive zu geben.
Remscheid fehlt attraktiver Wohnraum für ganz unterschiedliche Bedarfe: sozialer Wohnungsbau, höherwertige Mietwohnungen oder Hauseigentum. Wir müssen endlich gegen diese Entwicklung steuern. Die Verdichtung der bestehenden Wohnbebauung, die Modernisierung von Leerständen sowie Abriss und Neubau gehören zu den richtigen Instrumenten, aber wir Freie Demokraten stehen auch zur Entwicklung der Wohnbebauung an der Knusthöhe, um dem Bedarf an Wohnraum in Remscheid gerecht zu werden.
Wohnen und Arbeiten alleine machen eine Stadt natürlich nicht attraktiv. Wir arbeiten daher beispielsweise weiter daran, die Freizeitorte in Remscheid weiterzuentwickeln. Daher stellen wir mit unserem Haushaltbegleitbeschluss weitere Mittel für die Planung der Grünfläche Kuckuck zur Verfügung, um die Perspektiven für die Neugestaltung dieses Bereichs zu verbessern.
Die Corona-Krise hat den Stand der Digitalisierung vor allem in den Schulen schonungslos offengelegt. Es ist daher unentbehrlich gewesen, zumindest die rund 5000 Schülerinnen und Schüler, die zu Hause auf keine digitalen Endgeräte zugreifen können, mit der entsprechenden Ausstattung zu versorgen und dafür ein Gesamtvolumen von über drei Millionen Euro einzusetzen. Mit dem heutigen Beschluss können auch die restlichen Geräte eingekauft werden. Das Ziel sollte es sein, alle Schülerinnen und Schüler schulseitig mit den erforderlichen Endgeräten auszustatten und fit für den digitalisierten Unterricht zu machen. Aus jetziger Sicht müsste die Stadt Remscheid hierfür in den nächsten fünf Jahren allerdings 34,5 Millionen Euro aufwenden. Damit dürfen Bund und Land die Kommunen nicht alleine lassen, denn solche wiederkehrenden Ausgaben können wir aus eigener Kraft nicht schultern.
Anrede,
mit diesem Haushalt unterstreichen wir unseren Anspruch, Politik zu gestalten und die Zukunftsthemen für Remscheid anzupacken. Lassen Sie mich einige weitere Themen herausstellen.
Die Offenen Ganztagsgrundschulen sind für uns ein wichtiger Baustein für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wie auch für die Förderung von Kindern. Die Unterfinanzierung der OGGSen besteht jedoch seit ihren Anfängen. Die Stadt Remscheid ging deswegen in der Vergangenheit mit zusätzlichen Zuschüssen bereits über die gesetzlichen Vorgaben hinaus. Mit der weiteren Erhöhung der Zuschüsse tragen wir dazu bei, in der Ganztagsbetreuung fairer und gerechter zu entlohnen und die Träger damit im Wettbewerb um Beschäftigte zu stärken. Wir wollen Kinder und Jugendliche bestmöglich fördern und ihre Bildungschancen sichern. Insgesamt werden die Betriebskostenzuschüsse an die OGGS von 4,7 Millionen Euro im vergangenen Jahr auf rund 6 Millionen Euro im Jahr 2025, also um über 25%, steigen. Für die Weiterentwicklung der Qualität in den Betreuungsangeboten stellen wir mit unserem Haushaltbegleitbeschluss zusätzlich 75.000 Euro im Jahr 2021 und 180.000 Euro im Jahr 2022 bereit.
Die Beitragsstaffeln für die Betreuung in Kitas, Kindertagespflege und OGGS sind seit Jahren unverändert. Die Lebenshaltungskosten und die Nominallöhne jedoch sind gestiegen. Dadurch rutschen Eltern in höhere Beitragsklassen, obwohl sich ihr Reallohn und damit ihre finanziellen Möglichkeiten nicht geändert haben. Wir werden die Beitragsstufen nach oben verändern und damit die schleichende Beitragserhöhung beenden und Familien entlasten.
Über ein Drittel des ehrenamtlichen Engagements spielt sich in Sportvereinen ab. In Remscheid werden jährlich etwa 300.000 Stunden ehrenamtlich im Sport erbracht. Mit der Aktualisierung der Sportentwicklungsplanung wollen wir eine nachhaltige, bedarfsgerechte Lösung für unsere Sportfreianlagen finden und den Remscheider Vereinen optimale Spiel- und Trainingsmöglichkeiten bieten.
Für uns als Freie Demokraten ist es dabei wichtig, nicht ins Blaue hinein zu planen und zu bauen, sondern wir müssen abschätzen, welche Investitionsmittel und welche Folgekosten wir in den nächsten Jahren einplanen müssen. Allzu oft ist in der Vergangenheit gebaut worden, ohne sich Gedanken über die Betriebskosten und den späteren Sanierungsaufwand zu machen. So gibt es für die bestehenden Kunstrasenplätze noch immer kein Konzept für deren Sanierung in den kommenden Jahren.
Wir werden außerdem in die vorhandene Infrastruktur und die Sportförderung investieren. Mit dem Haushalt 2021/2022 werden insgesamt eine Millionen Euro für die Gebäudesanierung im Sportbereich zur Verfügung stehen. Die Sportfördermittel erhöhen wir um 10.000 Euro. Die Förderrichtlinien, die bereits zehn Jahre alt sind, wollen wir gemeinsam mit den Akteuren im Sport überarbeiten und gegebenenfalls aktuellen Bedarfen anpassen.
Anrede,
eine gut aufgestellte Verwaltung ist die Voraussetzung für die optimale Erledigung der künftigen Aufgaben. Im vergangenen Jahrzehnt haben wir die Altersfluktuation zu dem weit überwiegenden Teil genutzt, um in einem großen Kraftakt Stellen abzubauen und Kosten einzusparen. Wir wollen die Altersfluktuation auch künftig nutzen, werden jedoch Stellen für neue Aufgaben in der Verwaltung nutzen. In den nächsten Jahren werden wir keine großen Möglichkeiten haben, um zusätzliche, neue Stellen zu schaffen. Umso wichtiger ist es, die vorhandenen Ressourcen optimal einzusetzen, damit wir die Weichen für künftige Entwicklungen stellen können.
Seit über 20 Jahren zahlt die Stadt Remscheid in Versicherungen ein, um die künftigen Pensionslasten für die Beamtinnen und Beamten abzufedern. Nunmehr müssten wir diese Zahlungen in Millionenhöhe im Investitionsprogramm berücksichtigen, was wir nicht darstellen können. Wir möchten die Stadt daher ausdrücklich ermutigen, mit der Bezirksregierung ins Gespräch zu kommen, um diese Zahlungen weiterhin zu ermöglichen. Es wäre nicht nachvollziehbar, wenn eine Kommune keine Vorsorge treffen darf und künftige Pensionszahlungen ausschließlich aus dem laufenden Haushalt finanzieren muss. Die bilanziellen Pensionsrückstellungen machen zwar transparent, welche Aufwendungen auf die Kommunen zukommen, stellen aber schließlich kein Kapital dar, um die künftigen Pensionszahlungen zu finanzieren.
Anrede,
ich habe Respekt vor den Vorschlägen der Linken und der WiR. Zwar haben wir nicht immer einen gemeinsamen Weg, aber uns eint in diesen Haushaltsberatungen anscheinend der Blick auf das Machbare. Ganz anders zeigt sich die nach Ratsmitgliedern zweitgrößte Fraktion in diesem Rat: Die Haushaltsanträge der CDU-Fraktion sind Dokumente haushaltspolitischen Versagens. Wer nach einem schmalen Plus von 1,7 Millionen Euro im Haushaltsentwurf nunmehr mit Vorschlägen für Mehrausgaben in Millionenhöhe aufwartet, hat Maß und Mitte verloren. Rund 7 Millionen Euro müsste die Stadt Remscheid zusätzlich an Liquiditätskrediten aufnehmen, wenn die CDU-Vorschläge umgesetzt würden. So wären wir wieder weit in den roten Zahlen und damit in der Haushaltssicherung mit all ihren Auflagen und Einschränkungen.
Sie, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, beginnen die Wahlperiode, indem Sie die kommunale Selbstverwaltung an der Garderobe abgeben wollen. Als Remscheid in der Haushaltssicherung war, weigerte sich der Remscheider Rat, der Anweisung der Kommunalaufsicht zu folgen und die Kita-Beiträge zu erhöhen. Die Bezirksregierung hob schließlich die Kita-Beiträge über die Köpfe der Ratsmitglieder hinweg an. Über Beitragssenkungen oder gar Beitragsbefreiungen musste in einer solchen Lage kein Gedanken verschwendet werden. Das ist die Perspektive, die Sie für die Familien in Remscheid wieder eröffnen, wenn Sie unsere Stadt bereitwillig unter die Vormundschaft der Kommunalaufsicht führen wollen.
Diese Haushaltsberatungen zeigen deutlich, wer bereit ist, Verantwortung zu übernehmen, und wer nicht dazu bereit ist. Wir als Freie Demokraten waren genauso wie die Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grünen in den vergangenen Jahren immer bereit, Verantwortung zu übernehmen, und dabei auch einige schwere und mutige Entscheidungen zu treffen. Es hat sich gelohnt, weil wir jetzt in der Lage sind, finanzielle Spielräume zu nutzen und die Zukunft Remscheids zu gestalten. Wir stehen zu dem Ziel, mit ausgeglichenen Haushalten zu arbeiten und möglichst bald wieder in die Lage zu kommen, Altschulden abzubauen und künftige Zinslasten zu senken. Als Freie Demokraten stehen wir auch dazu, den Haushalt nicht auf dem Rücken der Bürger zu sanieren. Es war für uns selbstverständlich, Wort zu halten und die Grundsteuer im vergangenen Jahr wieder weiter zu senken. Mit einem defizitären Haushalt wären mögliche weitere Steuersenkungen in der Zukunft nicht denkbar.
Anrede,
ich möchte die Gelegenheit nutzen, der Verwaltung für die kollegiale Begleitung und den Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grünen für die zielgerichtete, gemeinsame Arbeit zu danken. Als Fraktion der Freien Demokraten stimmen wir heute dem vorliegenden Haushaltsentwurf und unserem gemeinsamen Haushaltsbegleitantrag gerne zu und stellen damit die Weichen für Remscheids Chancen in der Zukunft.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Presseinformation: Haushaltsrede des Vorsitzenden der Ratsfraktion
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