FDP RemscheidFDP Remscheid

Haushaltsrede des Fraktionsvorsitzenden

Luettinger 2014Sitzung des Rates am 24. März 2011

Es gilt das gesprochene Wort.

Anrede,

im vergangenen Jahr beschloss der Rat mit den Stimmen der Gestaltungsmehrheit ein historisches Konsolidierungspaket. Dieses starke Maßnahmenpaket ist in der Umsetzung, und die ersten Erfolge werden sichtbar.

Der unverzichtbare Kern unserer Konsolidierungsbestrebungen sind die Einsparungen im Personalbereich. Wir verzichten bis zum Jahr 2020 auf mindestens 70% der Stellen, die durch Altersfluktuation frei werden. An 371 Stellen wurden daher kw-Vermerke angebracht. Damit werden wir jährliche Einsparungen in Höhe von rund 15,5 Millionen Euro in der Spitze mit dem Jahr 2020 erwirtschaften. Die außerordentliche Fluktuation werden wir in gleicher Weise zum Stellenabbau nutzen.

Der Beschlussvorschlag zum Personalabbau, der uns heute vorliegt, reiht sich in dieses Vorhaben ein und zeigt, dass wir sogar schneller zum Erfolg kommen, als noch vor einiger Zeit erwartet. In den nächsten fünf Jahren bis einschließlich 2015 heben wir 14% der kw-Vermerke an den 371 Stellen auf. Weitere Vermerke werden wir in dieser Wahlperiode nicht aufheben. In den Jahren 2015 bis 2020 werden dann höchstens weitere 16% der Vermerke an unverzichtbaren Stellen aufgehoben werden können. Damit bleiben wir in dem Rahmen, den wir uns als Ziel gesteckt haben.

Dennoch können wir den städtischen Haushalt noch früher entlasten. Denn bis 2015 werden wir im Zuge der Personalfluktuation sogar auf 139 statt nur auf 81 Stellen verzichten. Damit übertreffen wir unser früheres Ziel um rund 70%. Einsparungen in Höhe von über 2,5 Millionen Euro können wir daher im Jahr 2015 zusätzlich realisieren.

Der Personalabbau muss mit nachhaltigen Konzepten für die künftige Aufgabenerfüllung verbunden werden. Zu den organisatorischen Maßnahmen, die eingeleitet worden sind, gehören auch mögliche Ausgründungen, etwa in Form eines Eigenbetriebes oder in privatrechtlichen Gesellschaftsformen. Soweit Bedienstete in solchen neuen Organisationsformen arbeiten und damit nicht mehr im Stellenplan der Stadt geführt werden, werden die betreffenden Stellen natürlich nicht rechnerisch in dem skizzierten Stellenabbau berücksichtigt. Faule Rechnungen, die in der Vergangenheit angestellt wurden, stellen wir nicht an. Wir wollen keine Optimierung der Statistik, sondern echte Einsparungen.

In den vergangenen Jahren haben wir als FDP-Fraktion immer darauf hingewiesen, dass das größte Einsparpotenzial im Personalbereich zu finden ist und nur strukturelle Maßnahmen zu nachhaltigen Effekten führen. Hierzu gehören die Fremdvergabe von Leistungen, die Zusammenlegung von Verwaltungsbereichen, die interkommunale Zusammenarbeit und die Auslagerung von Aufgabenbereichen. Die Grundlage für diese Maßnahmen muss eine grundlegende Aufgaben- und Prozesskritik bilden. Wir stehen nun in schweren Zeiten in der Verantwortung und treffen die notwendigen Entscheidungen.

Anrede,

das Konsolidierungspaket, das wir als Gestaltungsmehrheit auf den Weg gebracht haben, umfasst rund 300 Einzelmaßnahmen in einem Volumen von insgesamt 105 Millionen Euro. Im Laufe des nächsten Jahres werden wir uns mit den Ergebnissen von Prüfungen beschäftigen und weitere Weichen stellen.

Im Kulturbereich werden wir grundlegende Entscheidungen zur künftigen organisatorischen und konzeptionellen Ausrichtung unserer Kulturinstitute treffen. Hierzu gehören insbesondere die Musik- und Kunstschule, die Stadtbibliothek, die Volkshochschule, das Teo-Otto-Theater sowie die Bergischen Symphoniker. Alle Vorhaben müssen unter dem Aspekt der Haushaltskonsolidierung gesehen werden, aber wir wollen auch Chancen nutzen, die Leistungen für die Bürgerinnen und Bürger in Remscheid zu verbessern.

Die Förderung der freien Kultur in Remscheid haben wir bereits auf neue Füße gestellt und damit den so genannten Kultureuro ersetzt. Der Kultureuro war zu 100% abhängig von den Einnahmen des Theaters. Die Summe der Förderbeträge veränderte sich daher im Laufe der Jahre immer mal wieder um einige Tausend Euro, teilweise ohne dass dies am Anfang eines Förderjahres vorhersehbar gewesen wäre. Dazu kommt die keineswegs neue Erkenntnis, dass der Kultureuro aus haushaltsrechtlicher Sicht nicht fortgeführt werden kann. Auch wenn diese Konstruktion über Jahre gehalten wurde, kann es kein Gewohnheitsrecht im Unrecht geben. Eine Kulturförderung auf Abruf kann nicht im Sinne von Kunst und Kultur in Remscheid sein. Die nunmehr neu ins Leben gerufene Förderung der freien Kultur ist sowohl stabil und damit nachhaltig als auch rechtskonform.

Welche realistischen Perspektiven sich für die Musik- und Kunstschule ergeben, müssen die ausstehenden Prüfungen zeigen. Richtig ist, dass Maßnahmen, die bereits umgesetzt werden können, um das Ergebnis zu verbessern, auch umgesetzt werden. Das wurde Ende Januar zwischen den Fraktionsvorsitzenden und dem Kulturdezernenten vereinbart. Welchen Sinn der diesbezügliche Antrag der WiR-Fraktion haben soll, erschließt sich mir daher nicht.

Als FDP-Fraktion haben wir es immer als unsere Aufgabe begriffen, eine qualitätsvolle Kulturlandschaft in Remscheid zu garantieren. In den anstehenden Entscheidungen um mögliche Kooperationen im Theater- und Orchesterbereich wird sich dies nicht ändern. Wir haben keinen der durch das Beratungsunternehmen actori erstellten Vorschläge ausgeschlossen, sondern gegenüber den Stadtspitzen vielmehr die Erwartung geäußert, ergebnisoffene Gespräche zu führen. Dies schließt natürlich die Möglichkeit einer Fusion der Bergischen Symphoniker mit dem Sinfonieorchester Wuppertal ein. Qualität und Wirtschaftlichkeit sind weiterhin Voraussetzungen für den Bestand der Kulturinstitute und der Symphoniker.

Mit unserem Antrag, die Zusammenlegung von Stadtbibliothek und Volkshochschule zu einem Bildungszentrum zu prüfen, haben wir einen Anstoß für die Zukunft der Einrichtungen gegeben. Die Einführung der RFID-Technologie für Selbstverbuchung, Sortierung und Sicherung der Medien kann Prozesse vereinfachen und mehr Komfort bieten. Auch die Öffnungszeiten möchten wir optimieren. Wir werden uns wahrscheinlich von einzelnen Angeboten der Bibliothek trennen müssen, doch dafür lösen wir unser Versprechen, der Bildung von Kindern und Jugendlichen den Vorrang zu geben, ein, indem wir die Förderung und Vermittlung von Medienkompetenz durch die Kinder- und Jugendbibliothek an die erste Stelle setzen.

Diesem Versprechen, den Chancen von Kindern und Jugendlichen Priorität zu geben, ist auch unser Antrag zum Medienentwicklungsplan geschuldet. Wir stellen zusätzliche Mittel für die Ausstattung der Schulen mit neuen Medien zur Verfügung. Natürlich wäre es wünschenswert, noch höhere Investitionen zu tätigen, doch angesichts unserer Haushaltslage erreichen wir ein gutes Ergebnis, mit dem wir den Anforderungen an die Qualität des Unterrichts entsprechen.

Insgesamt sind Investitionen in unsere Infrastruktur nur noch in begrenztem Umfang möglich. Vielmehr geht es darum, Substanz möglichst zu erhalten. Der Sanierungsstau, der sich beispielsweise in den vergangenen Jahren für die Remscheider Wege und Straßen aufgetan hat, ist mittlerweile in weiten Teilen nicht mehr zu bewältigen. Gleichwohl stellen wir weitere Mittel im Rahmen unserer Möglichkeiten zur Verfügung, um dem vergangenen Winter Rechnung zu tragen und den Wertverlust zu bremsen. Um 900.000 Euro stocken wir den Etat für die Sanierung von Straßendecken und Wegen im Rahmen des von der Gestaltungsmehrheit beantragten Sofortprogramms auf.

Anrede,

die Gestaltungsmehrheit übernimmt Verantwortung in schweren Zeiten. Die Erfolge, die wir haben und die wir in den nächsten Jahren haben werden, reichen jedoch nicht aus, um einen ausgeglichenen Haushalt zu erstellen und in den Schuldenabbau einzusteigen. Die Kommunen wurden durch Bund und Land immer wieder verpflichtet, die Kosten für neue oder bestehende Aufgaben zu übernehmen, ohne dass sie sich dagegen wehren konnten. Als Stadt liegen wir gewissermaßen am Ende der Nahrungskette. Während es sich Bund und Land leicht getan haben, uns neue Belastungen aufzubürden, blieben wir auf den Kosten sitzen.

Deshalb haben wir uns neben anderen Gründen bewusst dagegen entschieden, Optionskommune zur Erfüllung der Aufgaben nach SGB II zu werden, sondern wir werden die Arbeit in einer gemeinsamen Einrichtung mit der Agentur für Arbeit, im Jobcenter, fortführen. Die Vergangenheit hat zu deutlich gezeigt, wie schnell Kostenanteile auf die Kommunen abgeschoben oder Standards ohne finanzielle Kompensation erhöht werden. Trotz des Reizes, arbeitsmarktpolitische Instrumente in städtische Hände zu bekommen, wollten wir uns diesem Risiko nicht aussetzen.

Über 60 Millionen Euro muss die Stadt Remscheid an Transferaufwendungen im Sozialbereich leisten. Die Leistungen nach SGB II machen dabei mit knapp 26 Millionen Euro den größten Teil aus. Es ist beim Bund, die Verantwortung für seine eigenen Beschlüsse zu übernehmen und sich finanziell stärker zu engagieren. Die Übernahme der Kosten für die Grundsicherung im Alter ist ein Fortschritt, darf aber noch lange nicht das Ende der Entwicklung markieren.

Eine deutlich stärkere Verantwortung des Bundes für die Sozialtransferaufwendungen ist Voraussetzung dafür, die Richtung, in die das nunmehr vorgelegte Gutachten der Professoren Junkernheinrich und Lenk zur Kommunalfinanzierung weist, einzuschlagen. Die Hilfen des Landes zum Haushaltsausgleich und zum Schuldenabbau und eine aufgabengerechte Gemeindefinanzierung werden alleine nicht ausreichen. Wir erwarten von Bund und Land gleichermaßen eine nachhaltige Unterstützung, damit die Handlungsfähigkeit der Stadt Remscheid wiederhergestellt wird. Wir zeigen mit Beschluss dieses Haushalts erneut, dass wir bereit sind, unsere notwendigen Konsolidierungsbeiträge zu erbringen, um den zukünftigen Generationen ihre politischen Gestaltungsspielräume zu geben.

Anrede,

Unternehmen in Remscheid benötigen optimale Rahmenbedingungen, um Investitionen zu tätigen, Arbeitsplätze zu erhalten und neue Arbeitsplätze zu schaffen. Eine serviceorientierte Wirtschaftsförderung und eine nachfrageorientierte Gewerbeflächenplanung sind dabei unerlässlich.

Wir befinden uns als Gestaltungsmehrheit in Gesprächen mit Vertretungen der Unternehmen, um unser Bild vom Zustand der Wirtschaftsförderung zu erweitern und mögliche Perspektiven zu entwickeln. Kompetenten Ansprechpartnern mit Servicebewusstsein und Engagement kommt in der Zukunft der Wirtschaftsförderung selbstverständlich eine wichtige Rolle zu. Unverändert stehen wir zu unserem Vorhaben, eine regionale Wirtschaftsförderung des Bergischen Städtedreiecks mit der Bergischen Entwicklungsagentur ins Leben zu rufen.

Ohne Gewerbeflächen wird es für uns allerdings schwierig sein, Betriebe in Remscheid zu halten und Neuansiedlungen zu gewinnen. Wir haben daher die Bauleitplanung für das Gleisdreieck Bergisch Born eingeleitet und wollen bis Ende 2012 die planungsrechtlichen Grundlagen beschließen, damit das dortige Gewerbegebiet möglichst schnell entwickelt werden kann.

In den nächsten Monaten müssen wir uns verstärkt der Stadtentwicklung widmen und die Ansätze des Integrierte Stadtentwicklungskonzeptes, des so genannten INSEK, vorantreiben. Unter rein pragmatischen Gesichtspunkten ist dieser Prozess notwendig, weil Landesförderungen, beispielsweise in den Bereichen Stadterneuerung und Wohnungsbauförderung, zunehmend an die Vorlage solcher Entwicklungskonzepte geknüpft werden. Wir brauchen jedoch ein umfassendes Konzept für alle Lebensbereiche unserer Stadt, um uns den Herausforderungen der Zukunft, wie es beispielsweise die demografische Entwicklung und die Wanderungsverluste bedeuten, zu stellen. Wir müssen Potenziale identifizieren und im Rahmen unserer begrenzten Ressourcen nutzen. Nach einer Bestandsanalyse muss der Prozess nunmehr in konkrete, schlüssige Projekte münden.

Anrede,

die Fortschritte, die wir auf unserem Weg zur Konsolidierung des städtischen Haushalts tun, wären ohne Gestaltungsmehrheit nicht möglich. Ich möchte daher unseren Partnerinnen, den Fraktionen von SPD und GRÜNE, für die konstruktive, zielstrebige, vertrauensvolle und schließlich erfolgreiche Zusammenarbeit danken. Das Programm, das wir uns als Gestaltungsmehrheit gegeben haben, erweist sich als Erfolg für die Stadt Remscheid, und ich freue mich auf die kommenden Jahre.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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