Kreisparteitag am 10. März 2023
Redemanuskript des Vorsitzenden der Ratsfraktion
Es gilt das gesprochene Wort.
„Die Stadtentwicklung ist seit Beginn des Jahres durch das Aus für das Designer Outlet Center geprägt. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts war eine große Enttäuschung für uns als FDP, aber auch für viele Remscheiderinnen und Remscheider, insbesondere hier in Lennep. Das DOC war das große Projekt des vergangenen Jahrzehnts, und es sollte unsere Stadt in vielerlei Hinsicht nach vorne bringen.“
Anrede,
so begann mein Rechenschaftsbericht auf unserem Kreisparteitag im vergangenen April. Heute, noch nicht einmal ein Jahr später, stellt sich die Lage ganz anders dar. Zu Beginn des Jahres eröffnete die Unternehmerfamilie Dommermuth – bekannt etwa durch die Marken 1&1, IONOS, GMX, WEB.DE – ihr Interesse an der Ansiedlung eines Outlet-Centers in Lennep. Die Pläne und die Vorstellungen, die in der vergangenen Woche öffentlich wurden, bieten eine interessante und vielversprechende Perspektive für Lennep und Remscheid.
Sollten die Pläne verwirklicht werden, dann handelt es sich nicht einfach um das bisherige DOC mit einem anderen Investor, sondern die Vorschläge der Familie Dommermuth sind eine Art Weiterentwicklung der DOC-Pläne des vergangenen Jahrzehnts. Ein solches nachhaltiges Einkaufscenter wäre ein klimaverträgliches Vorbild mit Strahlkraft für ähnliche Vorhaben weit über das Bergische hinaus.
Wir als Freie Demokraten waren immer der Meinung, dass diese große Fläche am Rande der Lenneper Altstadt eine einzigartige Chance für die Stadtentwicklung darstellt. Mit der Ansiedlung eines solchen Centers erhielten wir eine hochwertige Nutzung, wie wir sie uns gewünscht haben. Das Outlet-Center ist für uns dabei nicht nur eine weitere Einkaufsmöglichkeit. Eine Vernetzung mit Hotellerie, Gastronomie, Kultur und Tourismus im Umland wird Impulse für die gesamte Stadtentwicklung bringen.
Weil auch McArthurGlen wieder Interesse an einer Investition bekundet hat, wird die Stadt in den nächsten drei Monaten mit zwei seriösen und erfolgreichen Unternehmen verhandeln, um dem Rat anschließend einen Vorschlag zu unterbreiten. Wir können uns in Remscheid freuen, dass wir offensichtlich als attraktiver Standort für eine Investition in einem Umfang von rund 140 Millionen Euro wahrgenommen werden.
In den vergangenen Monaten haben sich Vereine, Initiativen und Privatpersonen mit vielen Ideen und Anregungen für Lennep eingebracht. Für uns ist wichtig, dass die Familie Dommermuth bereits angekündigt hat, diese Vorschläge in das Projekt einbinden zu wollen. Die Idee der Lenneper Vereine, die Alte Feuerwache zu einem öffentlichen Veranstaltungsort und Treffpunkt zu entwickeln, finden wir bestechend und ist mit den Plänen des Investors vereinbar.
Wir sind gespannt auf die Ergebnisse der Verhandlungen mit den beiden Investoren. Wir werden den weiteren Prozess unterstützen und dabei unseren Beitrag leisten, um die Ansiedlung des Outlet-Centers zu ermöglichen.
Anrede,
im vergangenen Monat brachte der Kämmerer den Haushaltsentwurf für die Jahre 2023 und 2024 ein. Nachdem die Stadt es geschafft hat, am Ende des vergangenen Jahrzehnts Schulden abzubauen, wächst der Schuldenberg mit Corona- und Ukraine-Krise wieder an. Aus den Liquiditätskrediten in Höhe von 556 Millionen Euro vor der Corona-Pandemie werden im Laufe des Doppelhaushalts wohl rund 614 Millionen Euro werden. Die Steuereinnahmen waren in der Corona-Krise eingebrochen. Jetzt machen uns die Inflation und die damit verbundenen Zinssteigerungen zu schaffen. Höhere Zinssätze werden uns in den nächsten Jahren in Millionenhöhe belasten und sind hauptverantwortlich dafür, dass es immer schwieriger wird, den Haushalt auszugleichen.
Wir dürfen nicht vergessen, dass der Ergebnisplan nur deswegen jetzt noch nicht deutlich ins Minus abrutscht, weil wir die finanziellen Belastungen, die der Corona-Krise und dem Krieg in der Ukraine zugeschrieben werden, über einen längeren Zeitraum abschreiben können. Das ist nichts als ein Bilanztrick, weil die Lasten bloß auf künftige Generationen verlagert werden. Trotzdem wird die Stadt Remscheid hiervon Gebrauch machen müssen, denn das oberste Ziel muss es bleiben, den Haushalt auszugleichen.
Ohne Lösung für die Altschulden gibt es keine Perspektive für einen ausgeglichenen städtischen Haushalt. Es sieht allerdings nicht so aus, dass sich Bund und Land auf eine gemeinsame Lösung einigen können, nachdem man die Niedrigzinsphase nicht genutzt hat. Die nordrhein-westfälische Landesregierung muss ihren Ankündigungen daher endlich Taten folgen lassen und auch ohne Bundesbeteiligung eine Altschuldenlösung für die Kommunen einrichten.
Anrede,
wenn es darum geht, Verantwortung für die Stadt und für die Menschen zu übernehmen, dann können wir auf die zweitgrößte Fraktion im Rat, die CDU-Fraktion, nicht zählen.
Die bisherigen Äußerungen der CDU-Fraktion zum Haushaltsentwurf lassen nicht erwarten, dass sich die Fraktion mit konstruktiven und umsetzbaren Vorschlägen an den Beratungen beteiligen möchte. So hat sich die CDU haushaltspolitisch bislang vielmehr damit hervorgetan, mit ihren Wunschzetteln die Stadt Remscheid in die roten Zahlen reißen zu wollen.
Nicht anders sieht es in der Stadtentwicklung aus: Da beklagt die CDU, es gehe nicht schnell genug voran mit dem Gewerbegebiet im Gleisdreieck, doch den Planungen hat sie ihre Zustimmung versagt. Zur Alleestraße fällt der CDU offensichtlich nicht viel mehr als eine Öffnung für den Autoverkehr ein, die vor über fünfzehn Jahren am erbitterten Widerstand ebendieser CDU scheiterte. Ansonsten ergeht man sich noch darin, den Pächterwechsel in einer Imbissbude zu beklagen.
Die Aufgabenverteilung im Rat scheint geklärt: Die CDU stellt größtenteils entbehrliche Anfragen, und die Gestaltungsmehrheit fasst Beschlüsse und setzt um. Es ist schade, dass die zweitgrößte Fraktion im Rat schlicht verlernt zu haben scheint, Verantwortung für diese Stadt zu übernehmen.
Anrede,
wir haben in Remscheid viele Herausforderungen zu stemmen: Die Entwicklung von Gewerbe- und Wohnflächen, bessere Bildung, eine Neuausrichtung der Mobilität und die weitere Digitalisierung. Ohne finanzielle Mittel kommen wir jedoch nicht weit. Wenn wir den Haushalt nicht ausgleichen, dann wird die Kommunalaufsicht wieder darüber entscheiden, was wir dürfen und vor allem was wir nicht dürfen.
Wir wollen in den nächsten Jahren verstärkt in die Zukunft der Stadt investieren. Schule und Bildung schlagen mit der G8/G9-Umstellung, dem Ausbau der Ganztagsbetreuung in den Grundschulen und der Weiterentwicklung der digitalen Infrastruktur mit rund 132 Millionen Euro zu Buche. Im Sportbereich, u.a. mit der Sanierung des Freibads Eschbachtal, sind rund 40 Millionen Euro eingeplant. Hinzu kommen etwa der Ausbau der Kindertagesstätten, Gebäudesanierungen, die Neugestaltung des Friedrich-Ebert-Platzes und das Sanierungsgebiet Alleestraße.
Wichtig für uns ist auch die Entwicklung von Gewerbegebieten. Die Stadt reaktiviert sehr erfolgreich Brachen, doch das reicht nicht aus. Wir können es uns nicht leisten, auf Flächenanfragen von Unternehmen keine Antwort zu haben. Wir als Freie Demokraten setzen uns unverändert für die Entwicklung der Gewerbegebiete im Gleisdreieck Bergisch Born und an der Borner Straße ein, damit wir Unternehmen und Arbeitsplätzen in Remscheid eine bessere Perspektive geben können.
Zur Flächenpolitik gehört auch die Entwicklung von Wohngebieten. Der Wohnraum in Remscheid ist vielfach nicht mehr attraktiv und befriedigt nicht die Nachfrage – sei es sozialer Wohnungsbau, höherwertige Mietwohnungen oder Hauseigentum. Wir wollen neuen, modernen und energieeffizienten Wohnraum schaffen.
Im vergangenen Jahr haben wir den innenstadtnahen Wohnraum auf der Fläche des ehemaligen Berufskollegs Wirtschaft und Verwaltung auf den Weg gebracht. In der Düppelstraße wird derzeit eine Wohnsiedlung mit 32 Einfamilienhäusern geplant; hinzu kommen 48 Häuser aus einem privaten Bauvorhaben in der Straße. Die Vergabe der Grundstücke am Schützenplatz in Lüttringhausen läuft derzeit. Mit den neuen Richtlinien zum Erbbaurecht haben wir zudem die Erbbauzinsen für städtische Grundstücke von 4 auf anfangs 1% reduziert. In der Zeit steigender Bauzinsen haben wir damit eine echte Förderung eingeführt. Die Häuslebauer am Schützenplatz werden als erste von dieser Neuregelung profitieren.
Wir wollen auch in die Verkehrsinfrastruktur investieren. Aktuell steht der Durchstich Intzestraße mit einem Volumen von fünf Millionen Euro und nach über zwei Jahrzehnten Wartens endlich der Kreisverkehr Eisernstein mit einem Volumen von 2,7 Millionen Euro an.
Diese Investitionen werden wir ohne ausgeglichenen Haushalt nicht umsetzen können, und wir werden hierfür auch schmerzhafte Entscheidungen treffen müssen. Gleichwohl ist es unverändert unser Ziel, die Steuerbelastung der Bürgerinnen und Bürger in Remscheid möglichst niedrig zu halten. Mit unseren Partnern von SPD und Grünen werden wir weiter Verantwortung übernehmen, damit sich Remscheid die Gestaltungsspielräume sichert, die wir für die Investitionen in unsere Zukunft dringend benötigen.
Anrede,
am Schluss meines Berichts möchte ich den Kolleginnen und Kollegen der Ratsfraktion, die sich in vielfältigster Weise engagiert haben, danken. Wir haben uns als Ratsfraktion innerhalb der Gestaltungsmehrheit und in den städtischen Gremien zielgerichtet und wirkungsvoll eingebracht. Ich freue mich, dass auch immer neue Gesichter den Weg in die Fraktionsarbeit finden. Im vergangenen Jahr konnten wir uns nach der Zeit der Pandemie endlich wieder verstärkt persönlich begegnen. Ich danke Ihnen herzlich für die gute und konstruktive Zusammenarbeit im vergangenen Jahr, die mir viel Freude bereitet hat. Wenn wir unsere Arbeit in dieser Weise fortführen, dann können wir noch viel erreichen.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
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