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Haushaltsrede des Fraktionsvorsitzenden

Luettinger 2014Sitzung des Rates am 8. Juli 2010

Es gilt das gesprochene Wort.

Anrede,

heute wird der Rat mit den Stimmen der Gestaltungsmehrheit das größte Konsolidierungspaket in der Geschichte Remscheids beschließen.

In meinen Haushaltsreden der vergangenen Jahre habe ich ständig darauf verwiesen, dass das bei weitem größte Einsparpotenzial im Personalbereich liegt. Gleichzeitig habe ich betont, dass nur strukturelle Maßnahmen zu nachhaltigen Effekten führen. Unsere Forderungen finden sich heute in dem Haushaltssicherungskonzept wieder, das der Rat zur Umsetzung bringen wird.

In Zeiten vergangener Koalitionen und absoluter Mehrheiten bis vor sechs Jahren stieg die Zahl der Stellen kontinuierlich an. In den vergangenen Jahren kamen wir dann in Ansätzen auf den richtigen Weg.

Nunmehr werden wir bis zum Jahr 2020 auf wenigstens 70% der Stellen, die durch Altersfluktuation frei werden, verzichten. An 371 Stellen werden kw-Vermerke angebracht, also an rund 25% der Stellen in der Remscheider Stadtverwaltung. Damit wollen wir jährliche Einsparungen in Höhe von rund 15 Millionen Euro in der Spitze ab dem Jahr 2020 erwirtschaften. Dabei wollen wir finanzielle Anreize gegenüber den betreffenden Bediensteten gewähren, um die Fluktuation vorzuziehen, und darüber hinaus die außerordentliche Fluktuation zusätzlich für Stellenreduzierungen nutzen.

Die Produkt- und Prozesskritik wird in den nächsten Jahren die nötigen Spielräume eröffnen, um städtische Aufgaben und Leistungen so auszurichten, dass diese Ziele erreicht werden können. Gleichzeitig werden die politischen Gremien die notwendigen Instrumente erhalten, um die Einhaltung der Sparziele zu kontrollieren. So ist die Wiederbesetzung einer Stelle, die nicht kompensiert werden kann, nur mit Zustimmung des Rates möglich.

Die Einschränkung und der Verzicht auf kulturelle, soziale und sportliche Angebote sind nur denkbar, wenn die Stadt auch bei sich selbst spart. Mit diesem Beschluss zum Stellenabbau setzen wir ein klares Zeichen.

Wenn wir davon sprechen, bei sich selbst sparen zu wollen, so schließt dies natürlich auch die Politik ein. Der Wegfall der Parkwertkarten und die Verringerung des Aufwandes für die politischen Gremien haben wir bereits beschlossen. Heute werden wir außerdem die Fraktionszuwendungen um 10% kürzen. Wenn Vereine und Verbände mit Einschnitten zurechtkommen müssen, dann ist es für uns selbstverständlich, dass wir uns nicht ausnehmen.

Anrede,

in den vergangenen Jahren gab es keine Mehrheit im Rat, weil sich keine Konstellation für eine stetige Zusammenarbeit finden konnte. Zuverlässigkeit, Mut zu Entscheidungen und fraktionsübergreifende Zielstrebigkeit fehlten in der Remscheider Politik. Die Fraktionen der Gestaltungsmehrheit übernehmen jetzt gemeinsam Verantwortung für unsere Stadt. Wir treten als Gestaltungsmehrheit an, um Remscheid zukunftsfähig zu machen. Dazu gehört es auch, unpopuläre Entscheidungen zu treffen. Wir sind daher nicht überrascht, dass sich die oppositionellen Fraktionen bei schwierigen Entscheidungen wegducken oder sogar dagegen polemisieren.

Uns als Liberalen fällt es äußerst schwer, die Gemeindesteuern zu erhöhen. Es ist immer leichter, sich zu verweigern. Doch was ist die Alternative? Wollen wir wirklich zusehen, wie der Regierungspräsident über unsere Steuersätze bestimmt, wie es im Raum steht? Wer glaubt, der Regierungspräsident würde sich in einem solchen Fall mit einer so geringen Erhöhung zufrieden geben, wie wir sie heute beschließen, der ist naiv. In Hagen beispielsweise forderte der Mentor der Bezirksregierung – das ist eine Vorstufe des Sparkommissars – die Grundsteuer B um das Zweieinhalbfache auf über 1.000 Prozentpunkte zu erhöhen. Wir erhöhen die Hebesätze jeweils nur um etwa zwei Prozent. Vor dem Hintergrund, dass zudem der Hebesatz für die Gewerbesteuer zuletzt vor 15 Jahren erhöht wurde, ist der Vorwurf, es werde fortlaufend an der Steuerschraube gedreht, nicht nachvollziehbar.

Wir wollen mit einer maßvollen Anhebung garantieren, dass die Hebesätze stabil bleiben und die Festsetzung der Hebesätze weiter in städtischen Händen bleibt. Uns ist die kommunale Selbstverwaltung nicht gleichgültig. Wir tun, was notwendig ist.

Anrede,

wir haben als Gestaltungsmehrheit Anfang Mai mit unserem Antrag die Diskussion bewusst weg von einzelnen Sparmaßnahmen hin zu einer produktbezogenen Betrachtung gelenkt. Auch wenn die Verringerung des Haushaltsdefizits an erster Stelle steht, so müssen wir uns dennoch damit auseinandersetzen, auf welche Weise und in welchem Umfang die städtischen Leistungen in Zukunft erbracht werden sollen. Der Abbau von Personal muss aus unserer Sicht mit der Erstellung nachhaltiger Konzepte für die zukünftige Aufgabenerfüllung verbunden sein. Bei allen Einschnitten wollen wir dabei Chancen nutzen, die Leistungen qualitativ zu verbessern und der demografischen Entwicklung anzupassen. Die Idee eines Berufsschulzentrums, die von uns angeregte Neustrukturierung der Bibliothek und die Neukonzeption der Musik- und Kunstschule sind Beispiele. Auch dies gehört zu einer Produkt- und Prozesskritik.

Unsere Änderungs- und Ergänzungsanträgen bringen ein großes Stück mehr Verbindlichkeit in die Maßnahmenplanung und nehmen alle Bereiche in die Pflicht. Mit unserem Hauptantrag wollen wir Vorgaben für die Haushaltswirtschaft beschließen und damit mehr Transparenz und Effektivität einfordern. So sollen die Zeiten, in denen sich die Verwaltung bei ausgeschöpften Haushaltsansätzen aus Reservepolstern bedienen konnte, der Vergangenheit angehören. Budgets werden daher nur noch auf Produktebene gegenseitig deckungsfähig sein. Wenn es an einzelnen Stellen Mehrbedarf im Haushalt gibt, dann soll er auch offen gelegt und in den Gremien erörtert werden. Indem wir die Sachaufwendungen für die Haushaltsplanungen der nächsten Jahren auf die derzeitige Höhe deckeln und außerdem um das Niveau der voraus gegangenen Haushaltssperre senken, eröffnen wir weitere Einsparpotenziale in Millionenhöhe.

Anrede,

im Haushaltsjahr 2010 wird das Defizit nach Ergebnisplan voraussichtlich bei etwa 120 Millionen Euro liegen. Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass die Gewerbesteuer weiter einbrechen wird von 75 Millionen Euro im Jahr 2008 auf nunmehr 30 Millionen Euro im laufenden Jahr. Das Defizit wird also wachsen.

Die Personalaufwendungen für die Beschäftigten liegen derzeit bei etwa 88 Millionen Euro. Entließen wir also alle Bediensteten von der Oberbürgermeisterin bis zu den Reinigungskräften, so würde trotzdem ein Defizit im Ergebnisplan fortbestehen. Diese Zahlen offenbaren unmissverständlich, dass unsere notwendigen Eigenanstrengungen nicht ausreichen werden, um aus der Haushaltsmisere zu kommen.

Bund und Land sind unverändert in der Pflicht, die Kommunen zu unterstützen. In der Vergangenheit wurden bis heute immer wieder Gesetze geschaffen, die den Kommunen neue Kosten aufbürden. Für die Kosten der Unterkunft muss die Stadt beispielsweise jährlich rund 25 Millionen Euro aufbringen. Alleine die aktuelle Senkung des Bundesanteils an diesen Kosten verursacht über eine halbe Million Euro Mehrausgaben. Hinzu kommen die Ausgabeerhöhungen aufgrund der Fallsteigerungen.

Ohne eine Reform der Kommunalfinanzierung müssen wir uns von lebenswerten Städten mit einer ausreichenden sozialen Infrastruktur, einer qualitätsvollen Kulturlandschaft, einem bedarfsgerechten Bildungsangebot und attraktiven Freizeitbereichen verabschieden. Der diskutierte Altschuldenfonds ist ein erster Schritt, aber damit werden wir den Remscheider Haushalt nicht langfristig konsolidieren können. Wir benötigen vielmehr eine aufgabengerechte Finanzausstattung und damit endlich wieder eine Perspektive.

Anrede,

den Schluss meiner Haushaltsrede möchte ich auch dafür nutzen, den Kolleginnen und Kollegen der Gestaltungsmehrheit für die vertrauensvolle, zuverlässige, zielorientierte und – wie man sieht – erfolgreiche Zusammenarbeit zu danken.

Das Haushaltssicherungskonzept, das wir heute beschließen werden, ist unser Beitrag, um finanzielle Spielräume für Remscheid zurück zu gewinnen und damit den jungen und den kommenden Generationen die nötigen politischen Gestaltungsmöglichkeiten zu eröffnen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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