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Rechenschaftsbericht der Ratsfraktion

Luettinger 2014Kreisparteitag am 24. April 2009

Redemanuskript des Fraktionsvorsitzenden Wolf Lüttinger

Es gilt das gesprochene Wort

Anrede,

die städtischen Finanzen haben ein turbulentes Jahr hinter sich. Die fatalen Derivatgeschäfte im Kassenkreditbereich sind zwar mittlerweile abgewickelt. Doch es bleiben die knapp 19 Millionen Euro Verlust, die von der Stadt mit diesen Geschäften gemacht wurden, denn um diesen Millionenbetrag erhöht sich die Summe der städtischen Schulden. Es sind vor allem auch die Zinszahlungen, die uns in der Zukunft belasten werden. Solche Wettspiele mit Steuergeldern darf es nie mehr geben.

Schwer wog der Vertrauensbruch, der mit den verlustreichen Derivatgeschäften einherging. Die Ereignisse der vergangenen Monate lassen jedoch erwarten, dass die Politik bei solch schwer wiegenden Entscheidungen künftig informiert und eingebunden wird.

Der Aufbau neuen Vertrauens hängt selbstverständlich auch mit handelnden Personen zusammen. Wir haben daher als FDP-Fraktion die Wahl von Burkhard Mast-Weisz zum Stadtdirektor unterstützt, weil er nicht nur der dienstälteste Beigeordnete ist, sondern weil er in den vergangenen Jahren auch Kompetenz, Durchsetzungskraft und Verlässlichkeit unter Beweis gestellt hat. Mit der neuen Kämmerin, Bärbel Schütte, wurde eine Person mit Kompetenz und Erfahrung gefunden, die unseren Vorstellungen entspricht. Nebenbei stellten die Ratsfraktionen bei der Besetzung der freien Beigeordneten-Stelle unter Beweis, dass sie ohne Schwierigkeiten und ohne großes Aufheben in der Lage sind, in wichtigen Fragen sachorientiert zusammen zu arbeiten.

Ein weiteres Beispiel für eine effektive Zusammenarbeit der Ratsfraktionen ist die Umsetzung des Konjunkturpaketes II. Kurzfristig einigten wir uns auf Grundlage der erarbeiteten Verwaltungsvorschläge auf Projekte, so dass die Maßnahmen in Remscheid möglichst schnell realisiert werden können. Nicht zuletzt wird dies möglich aufgrund der unbürokratischen Handhabung durch die Landesregierung, die zudem den Kommunen einen höheren Anteil überlässt, als es die Vorgaben des Bundes vorsehen. Exakt sind dies 84 statt 70% der Fördermittel; für Remscheid bedeutet es eine Fördersumme von insgesamt 12,7 Millionen Euro. Alle Befürchtungen, Remscheid könne aufgrund seines Nothaushalts von den Fördermitteln ausgeschlossen werden, sind hinfällig. Die Stadt Remscheid profitiert in gleicher Weise von den Fördermitteln wie andere Städte. Es ist aus unserer Sicht richtig, vor allem in energetische Maßnahmen zu investieren, so dass wir nachhaltige Effekte erzielen werden. In den nächsten Jahren werden wir aufgrund der Mittel aus dem Konjunkturpaket II größere Spielräume für Investitionen in die Bildungsinfrastruktur besitzen und viele Maßnahmen in diesem Bereich vorziehen können.

Die Zusammenarbeit zwischen den vier Fraktionen des „Zukunftspakts“ wurde in der Haushaltspolitik fortgeführt. Insgesamt schlugen Rödl und Partner rund 130 Konsolidierungsmaßnahmen vor; über knapp 100 dieser Vorschläge wurde bereits entschieden. Neben harten Einschnitten gehören dazu Maßnahmen, gegen die wir uns entschieden, weil wir nicht alles Lebenswerte in Remscheid streichen können und wollen. Steuererhöhungen lehnen wir ab, weil die Menschen in Remscheid längst an ihrer Belastungsgrenze angekommen sind. Wir beschließen nur maßvolle Gebührenerhöhungen. Die Mehrkosten, die der Stadt durch die erhöhten Lebenshaltungskosten entstehen, werden dabei nicht vollständig umgelegt.

Die strukturellen Maßnahmen, die außerdem durch den Rat angestoßen wurden, sind es allerdings, die besonders zu einer nachhaltigen Senkung des Haushaltsdefizits beitragen können: die Zusammenlegung von Ämtern, die Ausgliederung von Aufgaben, Stellenabbau und weitere Umorganisationen. Der Schlüssel zu langfristigen Erfolgen in der Haushaltskonsolidierung besteht unverändert in einer umfassenden Aufgabenkritik und der Definition der städtischen Leistungen und Standards sowie einer effizienten Verwaltungsarbeit. Es liegt an der Verwaltung, die notwendigen Prüfungen endlich durchzuführen und schließlich die entsprechenden Entscheidungen zu fällen. Anderthalb Jahre nach dem Ratsbeschluss sind noch viele Fragen offen.

Die Neuorganisation der Verwaltung durch die Oberbürgermeisterin berücksichtigt einige unserer Forderungen, etwa die Einführung eines zentralen Controllings. Andere Bestandteile des OB-Paketes erscheinen kontraproduktiv. So ist die Trennung von Teilen der Bauleitplanung, des Städtebaus und der Stadtentwicklung von dem restlichen Baubereich nicht nachvollziehbar, denn hier werden auf diese Weise neue Reibungsverluste geschaffen. Diese unausgegorene Struktur zeigt erneut, dass der Stadt ein Technischer Beigeordneter mit Professionalität und Fachkompetenz fehlt, der die Bereiche Bauen und Stadtentwicklung bündelt.

Um Personalkosten zu sparen, wurde mit der Verwaltung der Abbau von 60 Stellen bis zum Jahr 2010 vereinbart. Das kann nur ein erster Schritt sein, um fortlaufend weitere Stellen einzusparen. Zwar sparen wir durch die 60-Stellen-Vereinbarung ab 2012 ca. 2,4 Millionen Euro ein, doch alleine aufgrund der Tariferhöhungen werden sich die Personalkosten jährlich um rund fünf Millionen Euro erhöhen.

Allerdings muss die Politik gleichermaßen sich selbst hinterfragen und zurückstecken. Wir können es uns als FDP vorstellen, eine Bezirksvertretung weniger in Remscheid zu haben und die Zahl der Ratsausschüsse deutlich zu verringern. Wer sich ansieht, mit welcher Häufigkeit und mit welcher Tagesordnung einige Gremien tagen, mag eine Ahnung davon bekommen, auf welche dieser Gremien am ehesten verzichtet werden könnte.

Anrede,

je knapper die Kassen, desto mehr Mut braucht es, um Prioritäten zu setzen. Unser Ziel ist es, jedem Menschen unabhängig von seiner sozialen Herkunft die bestmöglichen Bildungschancen zu ermöglichen. Bildung und Jugend werden daher auch in den nächsten Jahren unsere haushaltspolitischen Schwerpunkte bilden.

Mit dem Gesetz zur frühen Bildung und Förderung von Kindern, kurz KiBiz, engagiert sich nicht nur das Land stärker für Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern, sondern auch die Stadt wird ihren Finanzierungsanteil laufend erhöhen. Der Ausbau der Betreuungsangebote als wichtiger Beitrag zur Vereinbarkeit von Familien- und Berufsleben ist schließlich nicht zum Nulltarif zu haben. Im kommenden Kindergartenjahr greift etwa die gesetzlich eingebaute Steigerung der Zuschüsse in Höhe von 1,5%, während die Zuschüsse früher nicht mit der Entwicklung der Lebenshaltungskosten Schritt hielten. Rund 360.000 Euro wird die Stadt insgesamt im kommenden Jahr zusätzlich ausgeben. Darin ist auch der Ausbau der Betreuung der Kinder unter drei Jahren enthalten, so dass wir in zwei Jahren bereits eine Versorgungsquote von über 20% erreichen werden. Bei aller, zum Teil auch berechtigter, Kritik an der Umsetzung des KiBiz: Das sind Meilensprünge gegenüber der Situation, wie wir sie vor einigen Jahren noch vorfanden.

Die Offene Ganztagsgrundschule ist eine Remscheider Erfolgsgeschichte, die fortgeschrieben werden muss. Alle Grundschulen bieten mittlerweile den offenen Ganztag an und erfreuen sich hoher Nachfrage. Wir stehen hinter der Entscheidung, die individuelle Förderung weiter zu verbessern, denn wir wollen nicht nur reine Betreuungsangebote, sondern der OGGS die Möglichkeit geben, sich pädagogisch weiter zu entwickeln.

Den Erfolg, den die OGGS in Remscheid hat, wollen wir auch für die weiterführenden Schulen erreichen. Mit Unterstützung durch die Ganztagsoffensive des Landes wollen wir den offenen Ganztag in allen Schulen der Sekundarstufe I einrichten. Mit der Albert Schweitzer-Realschule wird es sogar eine erste Realschule mit gebundenem Ganztag geben. Rund 4,5 Millionen Euro werden in den nächsten Jahren zusätzlich in das Ganztagssystem der weiterführenden Schulen fließen. Mittelfristig wollen wir Schülerinnen und Schülern an allen Schulformen einen verlässlichen Ganztagsplatz bieten und gleichzeitig den für uns wichtigen Grundsatz der Wahlfreiheit garantieren: Eltern, Kinder und Jugendliche müssen auch in Zukunft die Möglichkeit besitzen, sich gegen den Besuch einer Ganztagsschule zu entscheiden.

Anrede,

die Wirtschaftskrise trifft auch Remscheid, und sie wird Remscheid in der nächsten Zeit weiter treffen. Die weg brechenden Gewerbesteuereinnahmen zeigen dies beispielsweise überdeutlich. Umso wichtiger wird es, den Unternehmen optimale Rahmenbedingungen zu bieten, damit Arbeitsplätze erhalten und neue Arbeitsplätze geschaffen werden, können. Investitionen bringen sowohl Aufträge für die heimische Wirtschaft als auch Einnahmen für die Stadt mit sich.

Zu den Rahmenbedingungen gehören ein optimales Bildungs- und Qualifizierungsangebot, eine effiziente und serviceorientierte Wirtschaftsförderung und natürlich ebenso eine vorausschauende Gewerbeflächenplanung.

Ohne Gewerbeflächen werden wir keine Unternehmen in Remscheid halten und erst recht keine Neuansiedlungen gewinnen können. Beliebige Grundstücke helfen nicht entscheidend weiter, sondern wir benötigen neben der Nutzung von Brachen die Erschließung attraktiver Gebiete mit marktgerechten Flächengrößen und überörtlicher Verkehrsanbindung.

Die Einleitung der Bauleitplanung für das Gleisdreieck Bergisch Born kann daher kein Ersatz für die Entwicklung des Gewerbegebiets „Blume! sein. Es wird eine unserer dringenden Aufgaben zu Beginn der nächsten Wahlperiode sein, nach Möglichkeiten zu suchen, wie wir das Gewerbegebiet „Blume“ möglichst kurzfristig verwirklichen können. Dabei müssen wir unsere bisherigen Wege und Werkzeuge sicherlich hinterfragen.

Anrede,

den Kolleginnen und Kollegen in der Fraktion und in der Partei möchte ich für ihren Einsatz und ihre Unterstützung danken. Hervorheben möchte ich an dieser Stelle nicht nur die gute Zusammenarbeit in der Sache, sondern auch den einwandfreien zwischenmenschlichen Umgang. Wir wissen, dass dies nicht überall selbstverständlich ist.

In meinem Rechenschaftsbericht konnte ich in den vergangenen Minuten nur einzelne Themen angesprochen, um einen kurzen Überblick zu vermitteln. Wir haben in den vergangenen fünf Jahren einiges für Remscheid bewirken können – oft ohne dafür ständig im Licht der Öffentlichkeit stehen zu müssen. Trotz aller gemeinsamer Arbeit mit den politischen Mitbewerbern ist deutlich geworden, dass Remscheid in den nächsten Jahren eine starke liberale Ratsfraktion gut tun wird. Es gibt noch viel zu tun, und wir sind bereit, unseren Beitrag zu leisten. Das Kommunalwahlprogramm, das wir auf unserer Kreiswahlversammlung beschlossen haben, zeigt, dass wir inhaltlich gut aufgestellt sind. Wir müssen nun in den nächsten Wochen und Monaten die Menschen in Remscheid von unseren Ideen und Vorschlägen überzeugen. Wir dürfen zuversichtlich sein, dass uns dies gelingen wird.

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