Kreisparteitag 9. März 2016
Redemanuskript des Vorsitzenden der Ratsgruppe, Wolf Lüttinger
Es gilt das gesprochene Wort.
Anrede,
im Jahr 2010 unternahmen wir als FDP in der damaligen Ratsmehrheit einen neuen Anlauf, die städtischen Finanzen wieder ins Gleichgewicht zu bringen und die Schulden zu tilgen. Seit dem Jahr 2011 nimmt die Stadt Remscheid am „Stärkungspakt Stadtfinanzen“ des Landes Nordrhein-Westfalen teil und erhält Konsolidierungshilfen, um den Haushalt auszugleichen. Das Jahr 2016 ist nunmehr das Jahr des Haushaltsausgleichs. Im laufenden Jahr müssen wir unseren Haushalt ausgleichen, um den Vorgaben des „Stärkungspakts Stadtfinanzen“ zu entsprechen. Es wäre das erste Mal seit rund einem Vierteljahrhundert, dass der Stadt Remscheid dies gelänge. In den Folgejahren müssen und wollen wir Haushaltsüberschüsse erwirtschaften, um die Altschulden zu tilgen und die Zinsbelastungen zu senken. Denn jede Zinszahlung, die wegfällt und die Stadt nicht weiter belastet, eröffnet Freiräume.
Bis dieses Ziel erreicht ist, liegt allerdings noch eine schwierige Wegstrecke vor uns. Wir waren als Freie Demokraten immer bereit, Verantwortung zu übernehmen, und wir wollen dies weiterhin tun. Zuletzt musste Ende des vergangenen Jahres eine neue Lücke in der Finanzplanung geschlossen werden. Als FDP haben wir die Verwaltungsvorschläge immer kritisch hinterfragt und Nachbesserungen eingefordert. So war es für uns nicht akzeptabel, einfach neue Starenkästen aufzustellen, um die Einnahmen zu verbessern. Wir konnten schließlich erreichen, dass erst im Rahmen eines Verkehrssicherheitskonzepts über die Geschwindigkeitsüberwachung diskutiert wird. Blitzen nach Kassenlage lehnen wir ab, denn bei der Geschwindigkeitsüberwachung muss die Verkehrssicherheit im Vordergrund stehen und nicht das Haushaltsloch.
Auch die Erhöhung der Beiträge für die Kitas und die OGGS konnte abgemildert werden. In den vergangenen Jahren war es Konsens zwischen allen politischen Fraktionen, die Beiträge möglichst gering zu halten, um damit die Positionierung von Remscheid als familienfreundlicher Stadt zu unterstützen. Die von der Verwaltung vorgesehene Erhöhung um gleich 11,5% im nächsten Kindergartenjahr wäre daher sicherlich das falsche Signal gewesen. Schließlich sind daraus 4,5% geworden sind. Mit einem aktuellen Antrag haben wir zudem eine Diskussion darüber angestoßen, wie wir die Gelegenheit nutzen können, nicht nur die Beiträge zu erhöhen, sondern die Beitragsstaffelung insgesamt gerechter zu gestalten, als dies bisher der Fall gewesen ist.
In den vergangenen Jahren ist es für uns als Freie Demokraten immer wichtig gewesen, den Haushalt nicht auf dem Rücken der Bürger zu sanieren, sondern selbstverständlich der Verwaltung einen ebenso großen Beitrag abzuverlangen. Neben dem bereits beschlossenen Personalabbau gehört es daher zu den jüngsten Maßnahmen, Rückstellungen für Urlaub und Zeitguthaben zu reduzieren sowie Wiederbesetzungen von Stellen und Beförderungen aufzuschieben.
Anrede,
diese Beispiele machen deutlich, dass wir immer wieder daran arbeiten müssen, den Haushaltsausgleich zu schaffen. So befindet sich derzeit der Entwurf des Nachtragshaushalts in der politischen Beratung. Ständige Haushaltsrisiken sind die Entwicklung der Transferaufwendungen im Sozialbereich und der Steuereinnahmen und die Tarifabschlüsse. Eine Entwicklung, die es besonders schwer macht, die nächsten Monate exakt zu planen, ist die Entwicklung der Flüchtlingszahlen. Ohne die Kraftanstrengungen der Kommunen und ohne das unglaubliche Ausmaß des ehrenamtlichen Engagements wäre die Lage im vergangenen Jahr noch weitaus dramatischer gewesen. Jetzt müssen Bund und Land zeigen, dass sie die Kommunen nicht erneut im Stich lassen und für die Aufwendungen für die Flüchtlinge aufkommen. Momentan reichen die Pauschalen nicht aus, um die Kosten zu decken, was zum Teil daran liegt, dass nicht die tatsächliche Zahl von Flüchtlingen berücksichtigt wird. Dabei liegen die großen Aufgaben noch vor uns, denn bislang ging es vor allem darum, Flüchtlingen ein Dach über dem Kopf zu organisieren. Jetzt müssen wir die Menschen, die bleiben werden, in unsere Gesellschaft integrieren. Wir dürfen nicht noch einmal den Fehler begehen anzunehmen, es handelte sich bei allen Flüchtlingen bloß um Gäste, die irgendwann wieder gehen werden. Mit der sprachlichen und kulturellen Integration und den Bildungschancen, die wir eröffnen müssen, wären die Kommunen alleine überfordert. Daher ist das finanzielle Engagement von Bund und Land unentbehrlich.
Anrede,
im vergangenen Jahr sind wir dem DOC in Lennep wieder ein großes Stück näher gekommen. Im Dezember beschloss der Rat die Änderung des Flächennutzungsplans, die von der Bezirksregierung vor einigen Tagen genehmigt worden ist. Die Tatsache, dass die Bezirksregierung die Genehmigung bereits sechs Wochen vor Ende der Frist erteilt hat, mag zeigen, dass die Stadt präzise, rechtlich sauber und effektiv in dieser Sache arbeitet. Im Sommer werden der Satzungsbeschluss für den Bebauungsplan und der städtebauliche Vertrag zwischen Stadt und Investor folgen. Damit wären die bauplanerischen Schritte abgeschlossen. Als FDP haben wir nie einseitig die Einwände und Bedenken betont, sondern immer die Wege gesucht, das Projekt möglich zu machen.
Der Investor hat neue Bauentwürfe vorgelegt, die sicherlich ein Fortschritt sind: Moderner, grüner und mit einer guten Einbettung in Lennep. Gerade die Anbindung der Altstadt wird ein entscheidender Faktor dafür sein, ob Handel, Gastronomie und Tourismus in Lennep von der Ansiedlung des DOC profitieren können.
Es gilt aber auch, den Aktivitäten und Veranstaltungen, die dem DOC Platz machen werden, eine neue Heimat zu bieten. Für die Katholische Grundschule und für Freiwillige Feuerwehr sind neue Standorte gefunden, und mit dem Ausbau der Sportanlagen am Hackenberg wird das Röntgen-Stadion ersetzt. Bis Ende des Monats muss die Verwaltung allerdings mit den Vereinen, die den Jahnplatz und den Schützenplatz bisher für ihre Veranstaltungen nutzten, eine Übereinkunft für die Zukunft erzielen. Nicht vorstellen kann ich mir, die letzte zusammenhängende Gewerbefreifläche der Stadt Remscheid am Bahnhof Lennep für einen Kirmesplatz zu opfern. Es gibt andere Lösungen, und es liegt an den Beteiligten, das gesamtstädtische Interesse nicht aus den Augen zu verlieren.
Ein solch großes Projekt der Stadtentwicklung, wie es das DOC darstellt, ruft immer Widerstände hervor, auch in anderen Städten. So will mittlerweile auch die Stadt Wuppertal am Döppersberg in Elberfeld ein Outlet-Center zulassen. Während die Stadt Remscheid im Zuge der Planungen eine umfangreiche Analyse hat erstellen lassen, um die Auswirkungen auf den Einzelhandel in Remscheid selbst, aber auch im Umkreis abschätzen zu können, fehlen in Wuppertal jedoch solche Arbeiten. Die Gruppierungen, die das DOC in Remscheid unterstützen, also CDU, SPD und FDP, haben daher beantragt, gegen den Bebauungsplan und mögliche Bauvoranfragen für das Projekt am Döppersberg zu klagen. Gesprächs-angebote in dieser Sache gab und gibt es seitens der Stadt Remscheid genügend, doch werden diese von Wuppertal blockiert. Bei aller Sympathie für die bergischen Zusammenarbeit und deren Notwendigkeit müssen wir unsere Remscheider Interessen schützen. Es ist nicht hinnehmbar, dass die Stadt Wuppertal versucht, die Remscheider DOC-Pläne zu hintertreiben und selbst jedoch mit unsauberen Planungen voranzukommen versucht.
Anrede,
das DOC darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir in Remscheid noch andere Baustellen haben. Die Entwicklung von Gewerbeflächen ist in den vergangenen Jahren vernachlässigt worden, obwohl wir als FDP regelmäßig darauf hingewiesen haben. Wir haben daher im vergangenen Jahr das Thema nochmals auf die Agenda gesetzt, um die Realisierung von Gewerbegebieten an der Borner Straße und im Gleisdreieck Bergisch Born wieder anzustoßen. Während für das Gebiet an der Borner Straße weder eine entsprechende Ausweisung im Flächennutzungsplan noch ein Bebauungsplan existiert, geht es beim Gleisdreieck Bergisch Born vor allem darum, die Erschließung zu sichern. Aus unserer Sicht sollte die Stadt dabei auf unsere oberbergischen und rheinisch-bergischen Nachbarn zugehen, um die Optionen für gemeinsame Gewerbegebiete weiter auszuloten.
Wir benötigen dringend Gewerbeflächen für Neuansiedlungen, aber auch besonders um Remscheider Unternehmen an den Standort zu binden. Momentan steht nur noch eine geringe Flächengröße zur Verfügung, die sich im städtischen Besitz befindet sowie kurzfristig verfügbar und noch nicht reserviert ist. Natürlich haben wir mit Brachen auch Potenziale im Bestand, doch sind diese Flächen oft zu kleinteilig, bieten nicht den nachgefragten Flächenzuschnitt und liegen nicht verkehrsgünstig. Neue Gewerbeflächen sind daher unentbehrlich, wenn wir den Wirtschaftsstandort Remscheid weiterentwickeln wollen.
Ein weiteres Großprojekt der Stadtentwicklung ist die sogenannte Revitalisierung der Innenstadt, also der Alleestraße und der umliegenden Bereiche. Die Neugestaltung des Friedrich-Ebert-Platzes ist die erste Maßnahme, mit der öffentliche Flächen aufgewertet werden sollen. Dabei möchten wir uns allerdings nicht mit den ersten Ideen begnügen. Das gesamte Programm für die Innenstadt hat ein Volumen von circa zwanzig Millionen Euro, und es wäre nicht nachvollziehbar, wenn wir diese Chance nicht nutzten, sondern diesen zentralen, öffentlichen Platz nur als verkleinerten Busparkplatz mit Randbegrünung und ein paar Sitzbänken planen. Hier sind weitere städtebauliche Ideen gefragt, mit denen es vielleicht sogar gelingen kann, den Platz endlich besser mit der Fußgängerzone zu verbinden und auch damit attraktiver zu gestalten.
Anrede,
als Freie Demokraten verstehen wir uns im Rat als konstruktive Kraft. Wir wollen die Möglichkeiten, die Zukunft Remscheids mitzugestalten, nutzen. Im vergangenen Jahr haben wir daher auch immer wieder zusammen mit anderen Fraktionen und Gruppen die Initiative ergriffen. Die Arbeit der Verwaltung begleiten wir ebenso konstruktiv wie kritisch. Das Verhältnis zwischen Oberbürgermeister und den Gruppierungen im Rat war sicherlich nicht immer konfliktfrei, da insbesondere der Informationsfluss zu wünschen übrigließ. Gemeinsam mit den anderen demokratischen Fraktionen und Gruppen haben wir daher einen Antrag gestellt und beschlossen, um mittels verschiedener Instrumente mehr Transparenz in das Handeln der Verwaltung zu bringen. Wenn dies gelingt, dann werden davon nicht nur der Rat und die anderen Gremien, sondern auch die Öffentlichkeit profitieren.
Anrede,
am Schluss meines Berichts möchte ich dem Kreisverband und natürlich meinen Kolleginnen und Kollegen der Ratsgruppe für die vertrauensvolle und zielorientierte Zusammenarbeit danken. Nach der Kommunalwahl hat sich ein Team gefunden, das aus erfahrenen und aus jungen Kräften besteht. Ich bin optimistisch, dass wir die Stadt mit unseren Ideen weiterhin nicht nur bereichern, sondern auch ein Stück voranbringen können.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
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